Biografie: Ida Presti

Ida Presti (31. Mai 1924 – 24. April 1967) war eine französische klassische Gitarristin und Komponistin. Sie wurde zunächst als Wunderkind bekannt, bevor sie zur „größten Gitarristin des 20. Jahrhunderts und möglicherweise aller Zeiten“1 heranreifte.

 

Presti wurde als Yvette Montagnon in Suresnes, einem Vorort von Paris, Frankreich, als Tochter eines französischen Vaters und einer sizilianischen Mutter geboren. Ihr Vater, Claude Montagnon, der gleichzeitig ihr erster und einziger Lehrer war, fand, dass der Name „Ida Presti“ besser klang als „Yvette Montagnon“ (Presti leitet sich vom Namen ihrer Mutter, Olga-Gracia Lo Presti, ab). Presti spielte zum ersten Mal in der Öffentlichkeit als sie acht Jahre alt war und gab ihr erstes abendfüllendes Konzert im Alter von zehn Jahren am 28. April 1935 im Salle Pleyel in Paris. Von ihren Zeitgenoss*innen für ihr außerordentliches Talent gelobt, nahm sie 1937 für den französischen Zweig des Plattenlabels HMV auf. Als sie noch keine zwölf Jahre alt war, spielte sie zwei Jahre hintereinander bei den Pasdeloup-Konzerten und der Société des Concerts du Conservatoire. Im Alter von 14 Jahren trat sie 1938 in dem Film La Petite Chose als Gitarristin in einer Nebenrolle auf und als 16-Jährige spielte sie 1940 bei einer Gedenkfeier zum hundertsten Todestag Paganinis Gitarre.
 
Am 16. September 1948 gab Presti die französische Erstaufführung von Rodrigos Concierto de Aranjuez, die im Radio aus Paris übertragen wurde und auch auf mehreren anderen kontinentalen Sendern zu hören war. Am 1. Dezember 1951 gab sie ihr erstes Recital in London, wobei The Times „ihre wirklich erstaunliche Geschicklichkeit der rechten Hand und ihr lebhaftes Temperament“ hervorhob.
 
Nach ihrer zweiten Ehe, mit dem Gitarristen Alexandre Lagoya, hörte sie auf, als Solokünstlerin aufzutreten und gründete mit ihm das Duo Presti-Lagoya, das sich auf Werke für zwei Gitarren konzentrierte. Die beiden bildeten eines der erfolgreichsten klassischen Gitarrenduos der Geschichte und gaben über 2.000 Konzerte.
 
Prestis Herangehensweise an die Gitarre war einzigartig. Sie spielte auf der rechten Seite des Nagels, während die meisten Gitarrist*innen das mit der linken Seite taten und tun. Fingersatz und Phrasierung waren die ersten Aspekte eines Stückes, die sie in Betracht zog. Sie entwickelte Fingersätze, die eher einem Arpeggio als einer Tonleiter ähnelten und sanfte melodische Passagen erzeugten. Presti benutzte oft leere Saiten, die es ihr erlaubten, die Position der linken Hand so zu ändern, dass sich jede Note leicht überlappte – auf diese Weise kam sie dem auf der Gitarre schwierig zu erreichenden Legato näher. Beim Spielen von mehrstimmiger Musik glaubte Presti, dass alles, was eine Hand mit drei Fingern im Diskant erreichen konnte, auch ein Daumen im Bass tun konnte, wodurch ihre Basslinien eine einzigartige unabhängige Qualität hatten. Ihre Herangehensweise an die Musik war voll Phantasie und brachte oft bisher unbekannte Qualitäten in vielen Stücken zum Vorschein.
 
Neben ihrer Tätigkeit als Interpretin komponierte Presti einige Werke für Gitarre, die sie allerdings zu ihren Lebzeiten nicht selbst veröffentlichte – ihre Œuvres pour guitare seule sowie Original Works for Two Guitars sind im Bèrben Verlag erschienen.
 
 
Text: Antonia Haslinger

 
1 Alice Artzt: Ida Presti – Another Point of View, in: Classical Guitar, August 2007, S. 28.